Abbildung 1
  • Aus heutiger Sicht lässt sich der veränderte Stoffwechsel von Tumorzellen auf die Tatsache zurückführen, dass diese Zellen in besonderem Maße toxische Verbindungen wie Schwermetalle, PCB, Phthalate, Pestizide, etc. anhäufen, was zu einer besonderen genetischen Variabilität führen kann, um das Überleben der Zelle unter diesen Bedingungen weiter zu ermöglichen. Krebszellen haben durch den veränderten Stoffwechsel anderen Zellen ggü. enorme Überlebensvorteile und eine erhöhte Widerstandskraft. Die Veränderungen der Krebszellen sind somit spezifische Anpassungsreaktionen auf eine Akkumulation toxischer Verbindungen, die die Überlebens- und Zellteilungsrate erhöhen.
  • Im Folgenden sollen die wesentlichsten Stoffwechselveränderungen der Tumorzelle aus Abbildung 1 erläutert werden.
1+2 Das klassische Beispiel für einen umprogrammierten Stoffwechsel bei Krebs ist der Warburg-Effekt oder die anaerobe Glykolyse. Diese ist in normalen Geweben eine physiologische Reaktion auf Hypoxie (Sauerstoffmangel). Otto Warburg beobachtete in den 1920er Jahren, dass Krebszellen, unabhängig von der Sauerstoffverfügbarkeit, als wesentliches Merkmal des veränderten Stoffwechsels, Glukose aufnehmen und Laktat produzieren. Die besonders intensive Glukoseaufnahme und -verbrennung wird durch eine Hochregulierung der Insulinrezeptoren und der Glukosetransporter (GLUT) auf Krebszellmembranen begünstigt.
3 Die Erhöhung des glykolytischen Flusses ermöglicht es glykolytischen Zwischenprodukten, Nebenwegen bereitgestellt zu werden, um die metabolischen Anforderungen von sich schnell teilenden Zellen zu erfüllen. Im konkreten Fall wird Glukose-6-Phosphat in hohem Maße in den PPZ geschleust, um das Zwischenprodukt Ribose-5-Phosphat zu erzeugen, das als Ausgangsverbindung der Purin- und Pyrimidinsynthese zur Verfügung steht. Purine und Pyrimidine sind die Basen der DNA und RNA und somit zentrale Bausteine bei der DNA-Verdopplung und der Zellteilung als auch der Proteinbiosynthese. Des Weiteren wird im PPZ das Redoxcoenzym NADPH2 gewonnen, das für zelluläre Syntheseprozesse benötigt wird (Fettsäure-, Cholesterinsynthese, etc.). Letztere werden zum Aufbau sich schnell teilender Zellen benötigt.
4 Ergänzend zum Punkt 3 kann an Krebszellen beobachtet werden, dass diese verstärkt Vitamin B9 aufnehmen und akkumulieren, um den Folat-1-C-Stoffwechsel zu bedienen. In diesem werden wichtige Metabolite (Stoffwechselzwischenprodukte) für die Nucleotidbiosynthese und den Aminosäurestoffwechsel erzeugt. Eine ausreichende Vitamin B9 Versorgung ist unerlässlich für eine stabile Purin- und Pyrimidinsynthese und somit eine schnelle Zellteilung. Im Rahmen der Zytostatikatherapie bei Krebspatienten ist dieser Metabolismus ein Ansatzpunkt für einige Krebsmedikamente. Diese Folatantagonisten hemmen somit indirekt die Purin- und Pyrimidinsynthese in Krebszellen aber auch in gesunden Zellen.
5+8 Wie glykolytische Zwischenprodukte werden auch solche des Zitratzykluses als Vorstufen der Makromolekülsynthese verwendet. Insbesondere Acetyl-CoA wird nicht mehr zur Energiegewinnung dem Zitratzyklus zur Verfügung gestellt, sondern es dient dem Aufbau von Fettsäuren. Letztere werden dann zur Synthese neuer Zellmembranen verwendet. Der erhöhte Bedarf an Acetyl-CoA kann durch eine verstärkte Aufnahme exogener Essigsäure (Acetat) kompensiert werden.
6 Die Verwendung von Zwischenprodukten des Zitratzykluses, erfordert, dass diesem auch wieder Kohlenstoffverbindungen zugeführt werden, damit Zwischenpools erhalten bleiben. Wege, die den Zitratzyklus auffüllen, werden generell als anaplerotisch bezeichnet. Der wichtigste anaplerotische Fluss ist die Glutaminolyse. Krebszellen akkumulieren Glutamin, als wichtige Substanz, um den Zitratzyklus mit C-Atomen aufzufüllen. In der nachfolgenden Abbildung wird der Glutaminolyseweg veranschaulicht. Das beim Abbau von Glutamin in den Mitochondrien entstandene 2-Oxoglutarat (a-Ketoglutarat) gelangt in den CC und wird umgebaut zu Malat. Dieses kann in das Zytosol transferiert werden und wird dort über Zwischenschritte in Laktat (Milchsäure) abgebaut. Über diesen Weg wird zusätzlich die Krebszellumgebung angesäuert.
7+9 Weitere wichtige Merkmale der Krebszellen sind die intensive Aufnahme essenzieller Aminosäuren, die der zelleigenen Proteinsynthese dienen, sowie die Anreicherung mit Eisen und Zink. Letztere tragen als Coenzyme wesentlich zur Stabilisierung des krebseigenen Stoffwechsels bei.
10-12 An diesen Punkten soll die Beobachtung von Otto Warburgs erläutert werden, dass „Krebszellen sich niemals in einem basischen Milieu entwickeln können“. Wie schon an mehreren Punkten dargestellt wurde, schaltet die Krebszelle vorzugsweise auf die anaerobe Glykolyse um. Die verstärkte Laktatproduktion begünstigt einen enormen Protonenanfall innerhalb der Krebszelle. Um eine Übersäuerung des Zellmilieus zu vermeiden, werden die speziellen Na+/H+ Transporter (Antiporter) in der Zellmembran hochreguliert, um den Protonenüberschuss der Zelle auszugleichen. Das Hinauspumpen der freien Protonen (H+-Ionen) führt zu einer Ansäuerung der extrazellulären Tumorumgebung. Dies bietet der Tumorzelle wichtige Vorteile, weil spezifische, gegen die Krebszellen, gerichtete Immunzellen (T-Killerzellen, NK-Zellen, etc.) durch den niedrigen pH Wert in der Tumorzellumgebung inaktiviert werden. Gleichzeitig erhöht die Krebszelle die Aufnahme des wichtigsten Puffers – Bicarbonat – um den Zell pH-Wert auf 7,0 zu halten.
13 Um die Nährstoff- und Sauerstoffversorgung in dem wachsenden Tumorgewebe zu gewährleisten, produzieren die Tumorzellen sogenannten Angiogenesefaktoren (wie VEGF), die die Einsprossung von Blutgefäßen in das Tumorgewebe ermöglichen. Auch hier setzten unterschiedliche Krebsmedikamente an, um diesen Prozess zu unterbinden.
14 Die überwiegende Verwertung von Glukose als Energielieferant in Krebszellen, bedingt die Tatsache, dass Tumorzellen kaum auf weitere Energiesubstrate zurückgreifen und diese auch nicht verwerten können. Dies gilt im besonderen Maße für Ketonkörper. Die Aufnahme als auch die Verwertung dieser Substrate ist in Krebszellen stark eingeschränkt. Die nachfolgende Abbildung beschreibt die wichtigsten Wirkungen von Ketonkörpern auf das Tumorzellwachstum.